Am Mittwoch, dem 14.Mai 2025, haben die Kolleg:innen von Ford Köln einen 24-stündigen Vollstreik für einen Sozialtarifvertrag in den drei Standorten Niehl/Produktion, Merkenich/Entwicklungszentrum und Merkenich/Ersatzteilzentrum durchgeführt. Zu den Kundgebungen an den Toren haben sich jeweils mehr als 500 Kolleg:innen eingefunden. Viele hatten ihre Unterschrift für die Teilnahme online abgegeben.
In der Pkw- und Getriebeproduktion arbeiten ca. 4700 Kolleg:innen zur Zeit im Zweischichtsystem, im Ersatzteilzentrum ca. 1700 in Dreierschichten und im Entwicklungszentrum ca. 3500 in Dienstleistungen für die Produktion.
Dem Vollstreik vorausgegangen waren Warnstreiks von ca. zwei Stunden an zwei Tagen in den Vorwochen und elf ergebnislose Verhandlungen. Danach gab es eine Urabstimmung unter den über 1<k20>0<k0>000 Gewerkschaftsmitgliedern für unbefristete Streiks für die folgenden Forderungen:
– Zurückweisung der beabsichtigen Kündigungen von 2900 Beschäftigten und Erhalt des Kündigungsverbotes bis 2033;
– Vorlage eines nachhaltigen Zukunftskonzeptes zur Sicherung möglichst vieler Arbeitsplätze;
– ein finanzielles Sicherheitsnetz bei Arbeitsplatzverlust oder Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber
– einen Schutz dieser Vereinbarungen bei Insolvenz.
Bei der Urabstimmung stimmten mehr als 9000 (93,5%) der 9600 (95,7%) Gewerkschaftsmitglieder, die abgestimmt haben, für den unbefristeten Streik.
Damit haben die Ford-Kolleg:innen einen zweiten Schritt im Kampf um ihre Arbeitsplätze in einer schwierigen Kampfsituation gemacht. Zwar bringt ein 24-Stundenstreik der Ford-Werke GmbH erhebliche Verluste, – der Betriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka sprach von mehr als drei Millionen Euro. Sie fallen vor allem im Ersatzteilzentrum an, das für ganz Europa im Ein- und im Ausgang zuständig ist; bei der Getriebeproduktion für Ford Türkei; und in der Logistik des gesamten Werkes mit terminierten Abläufen.
@FT:Die ausgefallene Produktion von 480 Pkw schmerzt weniger, weil deren Absatz sowieso stockt. Tausende Pkw liegen auf Halde, die Neuzulassungen von Ford-Pkw in Deutschland sind 2024 auf ca. 99 000 gefallen. Ford bietet 3,5 Prozent aller angebotenen Pkw an, in 2023 waren es 4,1 Prozent und in 2022 5,0 Prozent.
Die Kölner Bilanz wird deshalb in Zukunft wahrscheinlich mit weiteren Verlusten belastet, da ihn sie auch die Ergebnisse der anderen europäischen Werke eingehen. Ford USA hat zwar vier Milliarden Euro zur Schuldentilgung überwiesen und dreistellige Millionenbeträge als Investition angekündigt, aber gleichzeitig seine Patronatserklärung im Falle der Verschuldung zurückgezogen. Hinzu kommen die Verluste in den USA aus dem E-Autoverkauf: 4,7 Mrd. Dollar in 2023, über 5,1 Mrd. in 2024 und erwartete 5,5 Mrd. in 2025.
Inzwischen hat eine breite Solidarisierung zur Unterstützung der Kämpfenden statt gefunden – an erster Stelle die Ford-Kolleg:innen von Saarlouis mit ihrem erkämpften Sozialtarifvertrag, die mit einer Delegation beim Streik in Köln anwesend waren; sowie die Kolleg:innen von Ford Craiova/Rumänien und Ford Valencia und Vertreter der US-amerikanischen Automobilarbeiter Gewerkschaft UAW.
Dazu kamen VW-Kolleg:innen aus Kassel/Baunatal, Zwickau und Wolfsburg, Kollegen des BMW-Teams, viele von IG Metall-NRW-Verwaltungsstellen, aber auch Kolleg:innen der IG BCE, von Ver.di, GEW und aus einigen Initiativen. Und natürlich stellten sich Parteienvertreter ein und es gab einen großen Widerhall in allen Medien.
Bleibt die Suche nach einer Perspektive. Betriebsrat, gewerkschaftliche Vertrauensleute und IG Metall haben sich bisher auf die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag beschränkt und fordern für die Zukunft nur eine nachhaltige Pkw-Produktion. Vertrauensleute haben auch die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich aufgestellt.
Diese Aussichten sind allerdings äußerst unsicher. Viele Anzeichen sprechen eher für eine zukünftige Einstellung der Pkw-Produktion mit dem Verlust der Arbeitsplätze nicht nur bei Ford, sondern auch bei Zulieferern und in der gesamten Region.
Der Kampf dagegen verlangt weitergehende Forderungen: etwa nach Erhalt und Umstellung der Produktion auf gesellschaftlich nützliche Produkte wie E-Busse in verschiedenen Größen, Straßenbahnen, auch kleine E-Pkws.
Wieder anknüpfen könnte man an die in den 80er Jahren in der IG Metall breit geführte Konversionsdebatte, angeregt vom Beispiel der Beschäftigten bei Lucas Aerospace in England und den Werftarbeitern in Bremen, Hamburg und Kiel, die sich damals gegen die Rüstungsproduktion gewehrt haben. Dafür käme dann auch die Forderung nach einer entschädigungslosen Enteignung (§ 2 der IG Metallsatzung) in Betracht.
Für mögliche weitere Kampfformen sind bestimmt die Erfahrungen der Ford-Kolleg:innen in Saarlouis, bei GKN Mosel in Zwickau oder aus früheren Arbeitskämpfen bei Krupp Rheinhausen oder Opel-Bochum nützlich.
@RZ: Solidaritätsadressen bitte an www.wir-bleiben-ford.de